Potenziale der Seele zur inneren Freiheit und Heilung des Körpers

(aus verschiedenen Quellen zusammengestellt)  

 

Der Vorgang des Alterns und auch das Faktum des Todes sind die Folge einer zunehmenden Schwächung der körperlichen Lebensenergie. Leben ist eine Form von Energie und der Mensch besteht aus zwei unterschiedlichen - aber doch miteinander verbundenen - Energien: aus der Geistenergie und der Körperenergie. Während die Körperenergie eines jeden Menschen begrenzt ist und sich im Laufe der Zeit immer weiter verbraucht, ist die Geistenergie des Menschen prinzipiell unbegrenzt. Diese unbegrenzte Geistenergie ermöglicht Heilungs- und Verjüngungsprozesse auch des Körpers. Dazu muß der Mensch jedoch die »innere Stimme seiner Seele« in sich wecken und mit dieser eine bewußte Bindung eingehen. 

 

Die »innere Stimme der Seele« ist wie ein zweites Wesen in uns, das neben dem Ich im Körper existiert. Das heißt, daß in unserem Körper nicht nur ein Ich existiert, sondern zwei. Diese innere Stimme hat ein eigenes Bewußtsein, eine eigene Art zu denken und zu fühlen. Sie kennt kennt keine Eitelkeiten, keine destruktiven Gefühle, keine Überheblichkeiten und Begierden, keine Geltungssucht und damit keine egoistischen Bestrebungen. Die innere Stimme ruht harmonisch in sich, sie ist leise und zärtlich, voller Liebe, Güte und Weisheit. Und sie hat einen eigenen von unserem Ich unabhängigen Willen, und wir können mit dieser inneren Stimme in einen bewußten - sprachlichen oder nichtsprachlichen - Dialog treten. 

 

Auf den ersten Blick mag der Gedanke, daß da noch etwas in uns existiert, das vollkommen anders ist als wir, erschreckend erscheinen. Sind wir doch gewohnt, uns als eine geschlossene Einheit und als alleiniger Bewohner in unserem Körper zu betrachten, in dem niemand außer uns etwas zu suchen hat. Hierbei ist die »innere Stimme der Seele« nicht mit dem zu verwechseln, was wir das »Unbewußte« oder das »wahre Selbst« als Ausdruck mystischen Erlebens nennen. Die innere Stimme kann sich allerdings dem Ich indirekt mitteilen, ohne daß das Ich die wahre Natur der inneren Stimme erahnt. 

Bei der Verknüpfung beider Selbst darf keines seine Identität aufgeben oder verlieren. Die Unterschiedlichkeit muß unter allen Umständen gewahrt bleiben. Nur wenn beide Selbst ihre Selbständigkeit wahren, kann sich aus der gegenseitigen Ergänzung die notwendige Wirkung zur Aktivierung der unsterblichen Geistenergie ergeben. Es muß eine Bindung und eine Annäherung an die »innere Stimme der Seele« stattfinden. Bindung bedeutet, daß sich zwischen hohem und tiefem Selbst ein Vertrauensverhältnis entwickelt. Dieses Vertrauensverhältnis kann schließlich in ein starkes Wir-Gefühl übergehen. Annäherung bedeutet, daß das Selbst lernen muß, seine Gedanken und Gefühle weitgehend  von den destruktiven Anteilen, wie z.B. Zorn, Ungeduld, Angst, zu befreien. Nur unter dieser Voraussetzung kann die unsterbliche geistige Energie wirkungsvoll durch den Körper fließen und sich an den Körper binden.  

 

Doch gibt es hierbei eine Einschränkung, die den Unterschied zu den Zielen ostasia-tischer Philosophien deutlich macht. Bei der Aktivierung der geistigen Energie muß der Gedanke daran frei von destruktiven Anteilen sein, doch geht es letztendlich nicht darum, den Geist von allem »Irdischen« zu befreien. Gedanken und Gefühle wie Zorn, Angst, Neid, Traurigkeit oder Einsamkeit dürfen nicht vollständig überwunden werden. Die Fähigkeit, sie zu empfinden, muß unter allen Umständen erhalten bleiben. Denn nur sie halten den menschlichen Geist ständig in Bewegung und in der Bereitschaft zur Veränderung. 

Das ist nicht leicht zu verstehen. Bewegung steht für den unendlichen Fluß der kosmischen Urenergie, eine Bewegung ohne Bewußtsein. Das menschliche Bewußtsein hingegen besitzt die Tendenz zur Stagnation. Zwar macht es bis zu seinem Tod die unterschiedlichsten (Leben)Erfahrungen, doch in den seltensten Fällen verläßt es - und dann nur ansatzweise - die durch Kultur und Erziehung vorgezeichneten Bahnen. Will der Geist jedoch in ständiger Bewegung sein, muß er sich auf andere Bewußtseinsebenen begeben. Die »Befriedung des Geistes« beinhaltet die absolute Öffnung des Geistes. Wer in der Ewigkeit leben will, muß sich ständig für die Vielfältigkeiten der äußeren (der Umwelt) und der inneren (geistigen) Welt öffnen und offenhalten. Dabei muß er ohne Sicherheiten und langfristige geistige Orientierungen auskommen. Nur so kann der Mensch den wechselnden Geschehnissen der äußeren und inneren Welten gerecht werden. Er darf das »Irdische« nie ganz verlieren, das sowohl aus konstruktiven wie destruktiven Anteilen (Zorn, Haß, Wut, Neid) besteht. Nur aus den destruktiven Anteilen seiner Gedanken und Gefühle kann er die Kraft ziehen, um sich seelisch ständig weiterzuentwickeln. Ein Mensch, der das »Irdische« transzendiert und damit überwunden hat, ist ein Wesen, das zwar die Erleuchtung gewonnen, aber die Bewegung und damit die Lebendigkeit verloren hat.

 

Die innere Stimme der Seele oder das tiefe Selbst ist die Stille in uns, und das Ich muß bereit sein, sich in diese Stille hineinzubegeben. Nur so kann eine Verbindung zur inneren Stimme hergestellt werden. Das Ich muß lernen, das >Zentrum der Stille< in sich zu finden. Den meisten Menschen fällt es in der heutigen Zeit sehr schwer, die äußere Stille zu ertragen. Sie brauchen den Lärm und die Hektik des Alltags, um sich zu vergewissern, daß sie noch am Leben sind. Sie ziehen sich aber auf diese Weise vor sich selbst zurück. 

Erst dann, wenn es ihnen gelungen ist, die äußere Stille zu genießen, können sie damit beginnen, das >Zentrum der Stille< in sich aufzusuchen. Das >Zentrum der Stille< ist ein >Ort< der unendlichen Weite. Uns umgibt nichts anderes als eine von allen Gedanken und Gefühlen freie innere Landschaft. Je mehr wir in diese innere Landschaft hinein-tauchen, ihre Stille aufsuchen, sie aushalten und schließlich genießen, werden wir mit der Zeit das immerwährende Pulsieren des kosmischen Lebens in uns spüren. Das Leben, das nichts anderes ist als eine fortwährende Bewegung, eine ständige Veränderung ohne Anfang und Ende, im Kreislauf harmonischer Energien. Dies ist die Sprache des Kosmos, die Beredsamkeit des Schweigens, das unbewegt Bewegende in der Aufhebung aller Gegensätze, die letztlich nur eine Erfindung des menschlichen Geistes ist. Wenn Sie beginnen, dieses Leben in sich zu spüren, werden Sie erfahren, daß das Leben keine Form und kein Bewußtsein hat, sowie das Meer kein Bewußtsein hat Es fließt um des Fließens willen. Kein Gedanke, kein Gefühl, keine Erinnerung und keine Unterscheidung, sondern nur ein gewaltiger bewußtseinsloser und in sich ruhender Strom von reiner Lebensenergie. Dann werden Sie das Leben in jeder Ihrer Wahrnehmungen sehen und schließlich werden Sie ein Teil dieses Lebens und damit mit der Ewigkeit auf ewig verbunden sein. 

In dieser Stille können wir der >inneren Stimme der Seele< begegnen. Hier ist der >Ort< ihrer Existenz. Hier ist sie zu Hause. Und wenn Sie dieses >Zentrum der Stille< gefunden haben, dann wird Ihr tiefes Selbst eine Kontaktaufnahme nicht verweigern. Es wird sie prüfen. Monatelang. Ihre Geduld, Ihren Eifer, Ihren Willen und die Reinheit Ihrer Absicht, die nicht durch den Gedanken, die innere Stimme zum Zweck der Unsterblichkeit zu benutzen, befleckt sein darf. Sie können die >innere Stimme der Seele< nicht täuschen. Sie wird sich Ihnen nur dann zu erkennen geben, wenn sie sicher ist, daß Sie zunächst nichts anderes wollen, als Ihre eigene innere Welt kennenzulernen. Alles andere wird sich mit der Zeit ergeben! 

 

Menschen ohne Kontakt mit ihrer inneren Seele vermögen ihre Gedanken und ihre Gefühle jedoch nur mäßig zu beeinflussen. Oft sind sie ihnen hilflos ausgeliefert. Sie vermögen sie nicht zu kontrollieren. Haß, Neid, Wut, Enttäuschung setzen je nach Intensität gewaltige negative Energien im Menschen frei. Diese schädigen oder zerstören auf Dauer den Körper. Diese negativen Energien äußern sich in Krankheiten und Beschwerden und suchen sich die Stellen des Körpers aus, die am schwächsten sind. Positive Energien wie Liebe, Freude, Freundschaft, Zuneigung können hingegen Krankheiten heilen oder sie mindern. Negative und positive Energien, die Menschen bewußt und unbewußt erzeugen, sind im Grunde nicht voneinander zu unterscheiden: Sie sind geschaffene Energien. Sie unterscheiden sich nur in ihren Bedeutungen voneinander, die Menschen  ihnen über ihre Gedanken und Gefühle geben. 

Über die Verknüpfung der beiden Selbste und über die >Befriedung des Geistes< können wir die von uns geschaffenen Energien zu unseren Gunsten beeinflussen.

 

Bis dahin aber wo das gelingt ist man seinen unbewussten Gedanken und Gefühlen hilflos ausgeliefert und nicht selten führt das tatsächlich zu Krankheiten.

Doch um kein Mißverständnis entstehen zu lassen: Das tiefe Selbst oder die Seele erschafft keine Krankheiten, unter denen man zu leiden hat. Es fügt weder dem Körper noch dem Ich einen Schaden zu. Durch seine Liebe zum hohen Selbst versucht es ihm stets über seine Intuitionen mitzuteilen, wie es sich selbst heilen oder seine Beschwerden mindern kann.  Doch wenn das Ich auf seine Intuitionen nicht achtet oder sie nicht mehr wahrnehmen kann, weil es sich vor seinem Innern verschließt, dann drängt die innere Stimme ihre Hilfe dem Ich nicht auf. 

 

Das heißt aber nicht,  dass das Ich seine Krankheiten selbst verursacht, daß es somit schuld daran hat, wenn der Körper erkrankt. Menschen sind Wesen der Gewohnheit. Sie wiederholen ihre Gedanken und ihre Gefühle. Diese Wiederholungen geben ihnen ein Gefühl der Stabilität und vermitteln ihnen, was man im allgemeinen Persönlichkeit nennt. Nicht alles, was wir denken und fühlen, muß dabei immer bewußt vollzogen sem. Vieles davon vollzieht sich im Leben eines Menschen automatisch. Dies sind die Ergebnisse unserer Prägungen, der Erfahrungen aus der Kindheit und des Erwachsenenalters. Sie sind der Hintergrund, vor dem sich unsere bewußten und augenblicklichen Gedanken und Gefühle bewegen. Obwohl dieser Hintergrund in unserem gegenwärtigen Bewußtsein nicht ständig präsent ist, hat er einen >Ort der Erinnerung< in uns und ist damit immer gegenwärtig. Ein trauriger Mensch muß nicht immer daran denken, daß er ein trauriger Mensch ist. Er ist es einfach. Er ist es aus Gewohnheit, aufgrund dieser unbewußten Gedanken und Gefühle, die ihn immer wieder in seiner Traurigkeit bestätigen und die er oft auch körperlich fühlt. Solche destruktiven Gedanken und Gefühle sind vom hohen Selbst nur schwer zu kontrollieren, wenn sie erst einmal automatisch (nicht-bewußt) ablaufen. So weiß der Traurige meist nicht, daß er seine Traurigkeit und seine negativen Energien ständig selbst erzeugt. Er spürt nur ihre Wirkungen: Die Mattigkeit seiner Seele und die Schwere seines Körpers, die Beschwerden und Krankheiten, die ihn befallen, seine Traurigkeit verstärken und ihn körperlich und geistig für andere Krankheiten anfällig machen. 

Es ist bedauerlich, daß der Mensch keinen eigenen Wahrnehmungssinn für die von ihm erzeugten Energien hat. Nur das ist für ihn wirklich, was er sehen, hören, riechen, schmecken, fühlen und konkret denken kann. 

Unbewußt, das heißt für mich nicht bewußt, ist aber auch das, was das Ich an Erinnerungen, Erlebnissen, Wünschen und Ängsten im Laufe seines Lebens von sich Selbst abgespaltet hat. Dies sind Teile innerhalb des hohen Selbst, die es nicht in seinem alltäglichen Denken und Fühlen integriert hat und die in einem gewissen Umfang ein >Eigenleben< führen können, indem sie einen Menschen dazu veranlassen, Dinge zu tun und zu sagen, die er eigentlich nicht tun oder sagen will.

Das sind die >Blockierungen und Abspaltungen der äußeren Seele<. Hier ordnen sich Ihre multiplen Persönlichkeiten ein, bedrohliche Stimmen oder Zensoren in den Köpfen von Menschen, welche Ihnen nicht erlauben, bestimmte Bedürfnisse und Wünsche zu zeigen, oder indem sie sich in den selbstzerstörerischen Akten eines Rauschgiftabhängigen offenbaren. Diese >Blockierungen und Abspaltungen der äußeren Seele< sind Teile des hohen Selbst. Sie sind seine nicht-bewußten Anteile. Das tiefe Selbst hat mit ihnen nichts gemein. 

Auch wenn das Ich über seine Gedanken und Gefühle Krankheit zu erzeugen vermag, so gibt es genug Krankheiten auf dieser Welt, die nicht über die Erzeugung negativer Energien entstehen. Dies ist keine Frage von Schuld. Dies ist vielmehr eine Frage von Schicksal und von Zufällen, soweit man sich mit diesen Erklärungen zufriedengeben kann. 

Auch wenn Menschen nicht bewußt durch ihre Lebensführung negative Energien in sich erzeugen, die Krankheiten und Beschwerden schaffen, so heißt das also nicht, daß sie schuldig sind. Selbst wenn sie wüßten, daß sie zu ihrer eigenen Krankheit nicht bewußt beigetragen haben, könnten sie es nicht allein durch ihr Wissen verhindern. Ich glaube nicht, daß es auf dieser Welt viele Menschen gibt, die ansatzweise dazu fähig sind, die Energien, die sie ständig erzeugen, zu steuern. Niemand ist schuldig angesichts dieses Unvermögens. Schuld ist nur ein Wort, geschaffen, um Macht über Menschen auszuüben, weil sie etwas nicht haben, nicht tun oder nicht unterlassen können. Der selbsternannte Unschuldige bestimmt, was Schuld ist, wenn er die Macht dazu hat. Der Schuldige nimmt Schuld an, weil er dem >Unschuldigen< glaubt oder glauben muß, daß jener unschuldig und er selbst schuldig ist. Nehmen Sie die Macht von diesem Wort, und was bleibt, ist eine dumme Phrase. Etwas nicht zu können oder nicht zu haben, heißt, etwas nicht zu können und etwas nicht zu haben. Mehr nicht. 

 

Warum schaltet sich das tiefe Selbst oder die Seele nicht ein, um das Ich bei der Erzeugung dieser negativen Energien und dieser von Ihnen gerade beschriebenen Abspaltungen vom Ich zu hindern? Es könnte dies doch unbemerkt vom Ich tun, ohne daß das hohe Selbst etwas davon erfahren müßte?

Die Seele hat keinen unmittelbaren Einfluß auf das Denken und Fühlen des Ich. Wenn ein Mensch an einer Krankheit leidet, ist es der inneren Stimme nicht möglich, unabhängig von der Bereitschaft des Ich, es gesunden zu lassen. Zwar weiß sie, was vonnöten ist, um das Ich zu heilen oder seine Beschwerden zu mildern. Aber um an diesem Wissen des tiefen Selbst Anteil nehmen zu können, muß es in der Lage sein, seinen Intuitionen zu lauschen und auf sie zu hören. Erst wenn dies geschieht, kann der Heilungsprozeß beginnen. Das geschieht oft langsam oder manchmal auch schnell, wie bei spontanen Heilungen.

Beide Selbst ergänzen sich demnach. Keines kann demnach das andere beeinflussen oder zu etwas zwingen. Die Fähigkeit des Ich oder hohen Selbst ist sein Wille, der Gedanken und Gefühle erzeugt, sie verstärkt und ihre Energien bewußt durch den Körper fließen läßt. Das ist die Fähigkeit der Imagination. 

Die Fähigkeit der Seele oder des tiefen Selbst liegt im unmittelbaren Erkennen dessen, was das Ich und der Körper zur Heilung seiner selbst und auch von Gesellschaft und Natur vollbringen muß. Das ist dies die Fähigkeit der Intuition.

 

Im Wechselspiel von Seele und Ich bleibt der Geist des Menschen in ständiger Bewegung, so wie der unendliche Fluß des kosmischen Lebens ständig in Bewegung ist. Der Geist darf nicht stagnieren. Bewegung bedeutet, daß der Mensch das unendliche Wechselspiel zwischen der Destruktivität und der Konstruktivität seiner Gedanken nie verlieren und aufgeben darf. Nur dann ist das Prinzip der ewigen Bewegung in uns verankert. Stellen Sie sich einen Menschen vor, der erfährt, daß er an einer unheilbaren, tödlich verlaufenden Krankheit leidet. Was er denkt und fühlt, wird Verzweiflung, Todesangst, Trauer sein. Dies sind die destruktiven Anteile seiner Gedanken und Gefühle, mit deren Hilfe er nicht bewußt negative Energien in sich erzeugt. Nehmen Sie an, daß er diesen Energien nicht hilflos ausgeliefert ist. Es gelingt ihm - bewußt oder nicht bewußt -, positive Energien in sich zu' erzeugen, die sich den negativen Energien entgegenstellen. Dadurch ist er von einem sich aufbäumenden Lebenswillen, von Hoffnung und dem Glauben an seine Gesundheit erfüllt. Dies sind die konstruktiven Anteile seiner Gedanken und Gefühle. Negative und positive Energien treffen aufeinander. Die Geburt des Zweifels findet statt, die alleinige Macht der Destruktivität in ihm wird erschüttert. Sie stößt auf den Widerpart der Konstruktivität. Und wie im Aufeinandertreffen von Materie und Antimaterie - verzeihen Sie diese vielleicht nicht ganz passende Analogie -setzt diese Berührung von negativer und positiver Energie neue, gewaltigere Energien in ihm frei. Sie ermöglicht diesem Menschen, Außergewöhnliches zu vollbringen: seine Heilung oder seinen schnellen Verfall, die Verstärkung der positiven oder der negativen Energien. Je nachdem, wie der Mensch beschaffen ist und inwieweit ihm sein tiefes Selbst zur Seite stehen kann, wird es geschehen. Das Destruktive in uns ist der ständige Ansporn für das Konstruktive. Ohne das Destruktive bleibt das Konstruktive schwach. Das Konstruktive kann sich nur durch das Destruktive entfalten. Deshalb sind Destruktivität und Konstruktivität, die negative wie die positive Energie in uns unverzichtbar. Ohne das Destruktive genügte sich das Konstruktive selbst. Die Seele des Menschen hätte keinen Grund mehr, aus sich herauszuwachsen, sich zu >erhöhen<, sich weiterzuentwickeln. 

Oder ein anderes Beispiel: Aus dem Gefühl einer seelischen Verletzung kann >Empörung< gegen sie erwachsen. Im Erleben der Destruktivität in Form von Wut, Haß, Trauer liegt bereits die Kraft zu ihrer Transformation. Die Implosion der Verletzung führt zur Explosion ihrer Überwindung. Negative Energie wird in positive Energie verwandelt. Wo es gelingt, wird Bewegung in Bewegung gesetzt. Erst im unaufhörlichen Zusammentreffen zwischen den destruktiven und den konstruktiven Anteilen unseres Denkens und Fühlens ergibt sich die Möglichkeit der Bewegung: im ständigen und vergeblichen >Überwinden< des Destruktiven. Dies entspricht der unendlichen Bewegung im Strom des kosmischen Lebens. Was sich dort bewußtseinslos vollzieht, vollzieht sich im Menschen mit Hilfe seines Bewußtseins, in der ergänzenden Gegensätzlichkeit von negativen und positiven Energien. Nur auf diese Weise kann der Geist des Menschen ein offener Geist werden, der sich in die Bewegung begibt, um der Stagnation des Geistes zu begegnen. 

 

Denken Sie allerdings immer daran: Das tiefe Selbst oder die Seele in Ihnen ist Liebe, Güte und Harmonie in der vollkommensten und reinsten Bedeutung dieser Worte! Es wird sich Ihnen niemals zu erkennen geben, wenn die destruktiven Anteile Ihres »äußeren Ich« übermächtig sind. Dies bedeutet nicht, daß Sie ein Heiliger oder ein Weiser sein müssen, um überhaupt die Chance zu haben, mit Ihrer inneren Stimme in Verbindung treten zu können. Aber wenn Ihr Herz verbittert und voller Destruktivität 

ist, werden Sie nicht die Ruhe erzeugen können, in der sich Ihnen Ihre Seele bzw. tiefes Selbst bewußt zuwendet.

 

 

 

Die Wahrnehmung und Zuwendung zur inneren Stimme der eigenen Seele fällt uns nicht leicht, denn unsere moderne Welt hat dafür weder ausreichend Worte noch Bildungsformen. Die Seele ist daher auch kaum zu spüren im Spiel oder oft eher Stress moderner Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Wissenschaft. Deshalb fällt es auch den einzelnen Menschen nicht leicht, die Seele in sich (wieder-)zuentdecken. Aber trotz aller äußeren Entfremdungs- und Verdrängungsstrukturen kann fast jeder ich sich die Sehnsucht danach spüren. Daran lässt sich anknüpfen, wenn man sowohl ausreichend Mut als auch etwas Wissen davon hat. Dann versteht man auch mehr und mehr, warum der Verlust der Seele nur ein Zwischenzustand auf dem Weg vom einfachen zum befreiten Seelenbewusstsein ist oder war.

 

Im einfachen Seelenbewusstsein lebte man als unschuldiges, unbeschwertes Kind, ohne sich von dem, was außerhalb von einem geschieht, beeindrucken zu lassen. Der folgende, modern-gebildete Bewusstseinszustand macht einen zum gebildeten Menschen, der Dinge differenziert beurteilen kann und zu höchsten wissenschaftlichen Erkenntnissen fähig ist. Doch das unbeschwerte Paradies der seelischen Kindheit ist dabei verloren und man fühlt oft eine seelische Leere und Enge. Diese  Enge – das lateinische Wort dafür ist »angustiae«, was mit »Angst« übersetzt werden kann – ist der Grund vieler Sorgen, die man sich macht, und der Angst, die man im Alltag erlebst.

Man kann jedoch nicht zurück zum kindlichen Bewusstsein, sondern muss sich aus der seelischen Enge bewusst befreien. Im befreiten Bewusstsein erweitert man sein Bewusstsein um die Dimension der Seele. Dieser seelisch-geistige Befreiungsweg kann sich über Wochen, Monate oder Jahre hinziehen. Doch eines Morgens erwacht man vielleicht mit einem ganz besonderen Gefühl von Freude, Hoffnung und innerem SeelenLicht. Das ist der Beginn eines befreiten SeelenBewusstseins.  Jetzt kann man seine Lebensenergien aus dieser tieferen Dimension beziehen.

Damit dieser Schritt gelingt, ist es oft hilfreich ihn nicht ganz allein zu gehen, sondern SeelenFreunde an seiner Seite zu wissen.